International
Zeit Online

Gaza Israel: Was den Friedensplan in Gaza nun torpedieren könnte

A girl carries two empty buckets on her way to collect water amid a rainstorm in the Sheikh Radwan neighborhood of Gaza City, Friday, Nov. 14, 2025. (AP Photo/Jehad Alshrafi)
Israel Palestinians Gaza
So sieht Gaza City im Moment aus: Ein Mädchen sucht sauberes Trinkwasser.Bild: keystone

Gaza-Friedensplan: Was die Waffenruhe in Gaza nun torpedieren könnte

Geht es nach den USA, soll Gaza bald international kontrolliert werden. Doch der Plan trifft auf Widerstand – und offenbart, wie sich die Machtverhältnisse neu sortieren.
14.11.2025, 21:4914.11.2025, 21:49
Steffi Hentschke / Zeit Online
Ein Artikel von
Zeit Online

Auf dem Papier wirken die Pläne beeindruckend: Geht es nach den USA, soll die zweite Phase des sogenannten Friedensplans für Gaza zügig umgesetzt werden. Ein Friedensrat soll überwachen, wie eine internationale Stabilisierungsgruppe die Kontrolle im Gazastreifen übernimmt, die Hamas damit ablöst und die Präsenz der israelischen Armee überflüssig macht.

Dafür soll erst eine internationale Stabilisierungsgruppe installiert werden und sich Israel dann zurückziehen. Das berichten internationale Nachrichtenagenturen über den aktuellen US-Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat

A Palestinian woman walks through a rainstorm past buildings destroyed in Israeli strikes in the Sheikh Radwan neighborhood of Gaza City, Friday, Nov. 14, 2025. (AP Photo/Jehad Alshrafi)
APTOPIX Israe ...
Gaza City wurde fast vollständig zerstört.Bild: keystone

Doch es gibt ein Problem: Die Sicherheitsratsmitglieder Russland, China und Algerien sollen gegen den Plan sein. Die Staaten verlangen klare Vereinbarungen darüber, wie ein palästinensischer Staat geschaffen werden und die israelische Armee abziehen soll. Aktuell halten die Streitkräfte mehr als die Hälfte des Gazastreifens unter ihrer Kontrolle. So berichten es israelische Medien.

Wie also soll die Waffenruhe in Gaza langfristig gesichert werden, wenn sich entscheidende Akteure über ihre Umsetzung uneinig sind?

Der US-Plan lässt sich nur schwer umsetzen

Einen Monat dauert die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas schon an, doch weiterhin klafft eine grosse Kluft zwischen dem US-Friedensplan und der Realität des Konflikts. In der Frage der Entwaffnung der Hamas etwa nähern sich die USA und Israel weiterhin nicht an. Die USA wollten eine schrittweise Abrüstung der Hamas, die mit einem Rückzug Israels einhergeht, schreibt dazu Eldad Shavit, Experte am Israelischen Institut für nationale Sicherheit (INSS). Israel forderte, die terroristische Infrastruktur zu zerschlagen, bevor seine Truppen sich in Gaza zurückziehen könnten.

Wie schwierig sich der US-Plan umsetzen lässt, zeigt ein aktuelles Beispiel: Unter Rafah, der von Israel kontrollierten Grenzstadt im Süden Gazas, sollen sich noch etwa 200 Hamas-Terroristen befinden, berichtet die Washington Post unter Berufung auf einen ehemaligen ägyptischen Beamten. Es sei unklar, ob und wann die Männer die Tunnel verlassen würden und wohin. Eine Idee läge auf dem Tisch: Die Terroristen sollten entwaffnet und in ein Drittland abgeschoben werden.

FILE.- Members of the Al-Rabaya family break their fast during the Muslim holy month of Ramadan outside their home, which was destroyed by an Israeli airstrike, in Rafah, southern Gaza Strip, on March ...
In Rafah im Süden des Gazastreifens sollen sich noch immer 200 Hamas-Terroristen aufhalten.Bild: keystone

In der Regierungskoalition von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wächst dagegen Widerstand. Sie würden jeden Deal ablehnen, der Israel 200 weitere Terroristen koste, sagte etwa der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich dazu vergangene Woche. Die Terroristen laufen zu lassen, sei ein Verrat an den gefallenen israelischen Soldaten.

Tatsächlich drohen Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner oft mit einem Koalitionsbruch, aber belassen es oft dabei. Mehrfach kündigten sie an, die Regierung zu verlassen, sollte Netanjahu einem Kriegsende in Gaza zustimmen. Doch letztlich blieben sie in der Regierung. Trotz fragiler Waffenruhe zeigt sich: Israel richtet sich zunehmend nach den US-Vorgaben. Beobachter führen das vor allem auf den gescheiterten Angriff auf die Hamas-Führung in Katars Hauptstadt Doha im September zurück.

Das habe «die Tür zu einer der möglicherweise wichtigsten Veränderungen in der Nahostpolitik der USA seit Jahrzehnten geöffnet», schreiben Elizabeth Dent, frühere leitende Mitarbeiterin im US-Verteidigungsministerium, und James F. Jeffrey, einst US-Sonderbeauftragter für Syrien in Foreign Affairs. Trump sei demnach nicht nur wegen des Angriffs über Netanjahu verärgert gewesen. Er habe auch eine beispiellose Durchführungsverordnung erlassen: Ein bewaffneter Angriff auf den US-Verbündeten Katar gelte fortan als «Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit der Vereinigten Staaten». Diese Blankozusage der USA könne die Sicherheitsbeziehungen zwischen den Golfstaaten und den USA neu vermessen.

Ein von Machtspielern geprägter Konflikt

Seitdem die Hamas Israel vor über zwei Jahren angegriffen hat und dadurch den Gazakrieg auslöste, sortieren sich die Machtverhältnisse im Nahen Osten neu. Das Regime in Iran wirkt so geschwächt wie lange nicht. Auch für die Hamas bedeutet das vereinbarte Waffenruheabkommen eine Niederlage. Als Gewinner dürften sich die Vermittler des Abkommens fühlen: Am US-Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat sollen Katar, Ägypten, Saudi-Arabien, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate mitgearbeitet haben.

FILE - President Donald Trump talks with Israel's Prime Minister Benjamin Netanyahu at the Knesset, Israel's parliament, Monday, Oct. 13, 2025, in Jerusalem. (Chip Somodevilla/Pool via AP, f ...
Benjamin Netanyahu hat sich allem Anschein nach dem Druck von Donald Trump gebeugt.Bild: keystone
Jetzt auf

Das Veto Russlands und Chinas markiert einen neuen Höhepunkt der Neusortierung und legt ein altes Problem bloss: Der israelisch-palästinensische Konflikt wird seit je von externen Machtspielern geprägt. Jacob Magid schreibt dazu in der Times of Israel, manche Reaktionen auf den US-Vorschlag führten zu typisch-diplomatischem Feilschen. Doch die Einwände gegen den Übergangsrat zeigten, wie gross die Gräben zwischen Teilen des UN-Sicherheitsrats und den USA geworden seien.

Weil nicht nur Israel und die Hamas ein Fortkommen erschweren, bleibt unklar, ob die umfassenden Pläne für Gaza tatsächlich greifen können. In ihrer Stellungnahme zum Resolutionsentwurf warnen die USA, wer nun, mitten in den Verhandlungen «Zwietracht sähe», richte schwere, vermeidbare Schäden für die Palästinenser im Gazastreifen an.

Dieser Artikel wurde zuerst auf Zeit Online veröffentlicht. Watson hat eventuell Überschriften und Zwischenüberschriften verändert. Hier geht’s zum Original.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
1 Kommentar
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
1
Unbemannte Mars-Mission der Nasa – Blue-Origin-Rakete von Jeff Bezos gestartet
Eine unbemannte Nasa-Mission ist auf dem Weg zum Mars: Vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida hob am Donnerstag eine Rakete des Raumfahrtunternehmens Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos ab.
Zur Story